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02. Mai 2024

WSI-Studie: Bessere Arbeitsbedingungen bei Tarifbindung - Arbeitgeber sollten sich zu Tarifverträgen bekennen

Von Tarifbindung profitieren nicht nur Angestellte, sondern auch die Betriebe. Sie werden attraktiver und verlieren Fachkräfte seltener an die Konkurrenz.

Vollzeit-Beschäftigte in Unternehmen ohne Tarifvertrag arbeiten pro Woche im Durchschnitt 53 Minuten länger als Angestellte in Firmen mit Tarifbindung. Sie müssen außerdem mit zehn Prozent weniger Gehalt auskommen. Das zeigt eine Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung anhand repräsentativer Daten.

Über das Jahr hinweg summieren sich die Unterschiede für Mitarbeitende ohne Tarifbindung auf eine zusätzliche Arbeitswoche, während ihnen gleichzeitig mehr als ein volles Monatsgehalt fehlt.

Teils drastische regionale Unterschiede

Die WSI-Analyse zeigt auch, dass in Ostdeutschland der Unterschied zwischen tarifgebundenen und tariflosen Betrieben besonders deutlich ausfällt. In Brandenburg bekommen Beschäftigte in tariflosen Unternehmen rund 15 Prozent weniger Lohn als ihre Kolleginnen und Kollegen mit Tarifvertrag. Auch in Sachsen ist der Unterschied mit fast 14 Prozent vergleichsweise hoch.

Bei der Arbeitszeit klaffen die Unterschiede in einigen westdeutschen Bundesländern weit auseinander. Den größten Unterschied gibt es in Baden-Württemberg, wo Vollzeitkräfte in tariflosen Unternehmen 83 Minuten pro Woche länger arbeiten, verglichen mit Firmen, die Tarifbindung haben.

Immer weniger Betriebe mit Tarifbindung

Bleibt als Problem: Seit der Jahrtausendwende beobachten Forschende bundesweit einen stetigen Rückgang der Tarifbindung. Im Jahr 2000 waren noch 68 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in tarifgebundenen Betrieben tätig; 2023 waren es nur noch 49 Prozent.

Dieser alarmierende Trend hat sogar die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Gemäß EU-Recht müssen Mitgliedsstaaten, in denen die Tarifbindung unter 80 Prozent liegt, künftig einen Aktionsplan zur Stärkung der Tarifbindung vorlegen – auch Deutschland!

WSI-Forschende sehen aber nicht nur Politiker, sondern auch Firmen in der Pflicht. „Wer als Arbeitgeber tarifgebunden ist, bekennt sich klar zu fairen Löhnen und geregelten Arbeitsbedingungen“, schreibt Malte Lübker, Co-Autor der Studie. „Das macht einen Arbeitgeber für Stellensuchende interessant“ und es könne die Belegschaft davon abhalten, zur Konkurrenz abzuwandern. Ein Statement, das so auch für öffentliche Apotheken gilt.

Michael van den Heuvel

Quelle:
Lübker, Malte; Schulten, Thorsten: Tarifbindung in den Bundesländern
Analysen zur Tarifpolitik Nr. 103, Düsseldorf, April 2024, online

 

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